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« Vous êtes bien chargées »

Diesen Satz hören wir in Nordfrankreich mindestens einmal am Tag. Manchmal sogar noch vor «Bonjour». Die meisten meinen es vermutlich nicht böse und teilen uns einfach ihre Feststellung mit. Und recht haben sie ja schliesslich auch. Im Vergleich zu den meisten anderen Radtouristen welche hier unterwegs sind, sind wir wirklich «bien chargées».

Ein Velofahrer, den wir getroffen haben, kann sich fast nicht mehr erholen: «Mais vraiment??? Mais vous avez pris quoi??!!!» Er selber ist unterwegs in die Mongolei, also nach dem er den Winter irgendwo in Spanien verbringen wird. Sein Decathlon Fahrrad ist mit drei kleinen Taschen beladen, oben drauf ein dünner Sommerschlafsack und ein Zelt. Ist ja schon schön so richtig leicht unterwegs zu sein. Hat vermutlich etwas Befreiendes, da bin ich mir ganz sicher. Und trotzdem finden wir «c’est pas tes onions!», nach all dieser Zeit müssen wir uns doch nicht für unser Gepäck entschuldigen, oder?

Zugegeben: von ultralight sind wir weit entfernt. Trotzdem haben wir schon ein paar Kilometer auf dem Buckel

Zugegeben: von ultralight sind wir weit entfernt. Trotzdem haben wir schon ein paar Kilometer auf dem Buckel

Tauschen möchte ich sowieso nicht. Wenn es kalt ist draussen, kuschle ich mich gerne in meinen riesigen Schlafsack, der auch bei -10 Grad noch warm gibt. Wenn meine Kleider nach der Handwäsche bis zum nächsten Tag nicht trocken wurden, ziehe ich mir gerne etwas Frisches aus meinem übergrossen Kleidersack an. Wenn ich zum Nachtessen ins Restaurant will, dann nicht unbedingt in der gepolsterten Radlerhose und dem Shirt mit dem Salzrand, welches schon total verschwitzt ist. Und wenn mein Rad einen Platten hat, wechsle ich einfach den Schlauch und flicke das Loch am Abend. Kleine Dinge würde man meinen, welche aber aus meiner Sicht einen riesen Unterschied im Wohlbefinden ausmachen können. Da bin ich ganz gerne «bien chargée»!

Jetzt geht’s los!

Am 8. Mai sollen wir also unser geliebtes zuhause verlassen. Der Abschied von Freunden und Familie fällt natürlich nicht leicht. Vor kurzem haben wir erst richtig realisiert, dass wir keinen Job und keinen Wohnsitz mehr haben werden. Es beginnt ein neuer Alltag.

Im ersten Moment kommt uns der Start vor wie eine kleine Velotour am Sonntagvormittag. Ein paar Kilometer pedalieren, damit wir am Nachmittag unser wohlverdientes Bierli ins Lago Lodge trinken gehen können. Doch diesmal ist es keine Rundtour. Wann, dann eher eine sehr grosse Runde.

Der Jura ist gemein, gleich am ersten Tag verlangt uns die Strecke schon viel ab. Trotzdem – der Jura ist und bleibt ein unheimlich schöner Fleck der Schweiz.

Ab Basel radeln wir erst dem Rhein auf der deutschen Seite entlang hoch bis nach Freiburg und wechseln dann ins Elsass, durch Colmar, Strassbourg und weiter bis nach Luxembourg. Danach geht es in Richtung Belgien. Wir besuchen auch da wunderschöne Flecken wie Dinant, Brügge oder Löwen. Brüssel würden wir eher nicht als wunderschön bezeichnen, dafür umso schöner, dass uns unsere Freundin Rahel übers Auffahrtwochenende besuchen kam.

Die Distanzen hier im Westen sind sehr klein zwischen den Ortschaften. Es gibt viel zu sehen und zu besuchen. Daher haben wir bisher eher kürzere Tagesdistanzen absolviert, damit wir Nachmittags jeweils noch etwas Sightseeing machen oder bei einer grösseren Stadt noch einen Zusatztag anhängen können. Wie sich das auf unsere Planung auswirkt werden wir noch sehen.

Bis Brüssel haben wir schon viel erlebt, sind tagtäglich etwas fitter geworden und haben nette Menschen kennengelernt. Sei es auf dem Land oder in der Grossstadt, bisher waren immer alle sehr freundlich zu uns und haben uns weitergeholfen, falls unser Bauchgefühl nicht der gleichen Meinung war wie das Navi.

Von «Viel Erfolg» über «Ihr seid aber mutig» und «Ig gloube nid dass dir das bis ans Nordkapp schaffend» haben wir auf alle Fälle schon alles gehört. Lassen wir uns überraschen ob der «Fährimaa vo Basel» recht behält oder ob wir Mitte Sommer unsere Füsse im kalten Meer beim Nordkapp baden!